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(mko) Die Arzneimittelforschung setzt heute immer mehr auf neue Technologien, um Moleküle im Körper zu finden, die sich als Zielstrukturen (Targets) für Medikamente eignen könnten. Wichtig ist z.B. in der Krebstherapie, molekulare Strukturen der Signalwege im Tumor zu finden, die speziell für diesen Tumor typisch sind und im gesunden Gewebe nicht oder nur sehr gering auftreten. Das bedeutet, dass Mediziner sich mehr und mehr auf eine Personalisierte Medizin konzentrieren, die darauf setzt, Medikamente zielgerichtet bei dem Patienten einzusetzen. Dabei spielen Biomarker eine wichtige Rolle. Indikatoren, die gemessen und verwendet werden, um normale biologische und/oder krankheitsbedingte Prozesse oder Reaktionen auf Medikamente oder Therapien zu beurteilen. Mithilfe der molekularen Diagnostik und unter Einsatz dieser Biomarker können z. B. innerhalb einer großen Patientenpopulation bestimmte Gruppen identifiziert werden, die verschiedene Behandlungsansätze benötigen. Die Personalisierte Medizin setzt auf Patientengruppen mit unterschiedlichen ( z.B. genetischen ) Merkmalen und behandelt spezifisch – sei es durch andere Medikamente oder durch eine höhere bzw. niedrige Dosierung des gleichen Arzneimittels. Auch im Kampf gegen fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Lungenkrebs (NSCLC) werden neue Substanzen eingesetzt. Zum Beispiel der zielgerichtet wirkende Wachstumshemmer Erlotinib (Tarceva®), eine Tablette, die gleich im Anschluss an die Erstdiagnose eingesetzt werden kann. (Die Zulassung zur Erstlinentherapie inkl. Erweiterung für Patienten mit aktivierenden Mutationen im Wachstumsfaktor-Rezeptor/EGFR erfolgte im September 2011). Voraussetzung ist, der Tumor weist eine bestimmte Veränderung (Mutation ) auf. (EGFR ist der Rezeptor des wichtigsten Wachstumsfaktors von Lungenkrebszellen). Klinische Studien haben nachgewiesen, dass die Behandlung mit Erlotinib das Fortschreiten der Krankheit aufhält und die Überlebenszeit des Patienten verlängert. Erkrankte, deren Tumor keine Mutation aufweist (Erlotinib wirkt unabhängig vom Mutatinsstatus) und die bereits eine Chemotherapie erhalten haben, werden weiter wie bisher mit Erlotinib behandelt. (Siehe auch mko-Gesundheit von A-Z: Lungenkrebs – Fortschritt durch zielgerichtete Therapien/2008).

In der Fachwelt wird nun darüber diskutiert, zu welchem Zeitpunkt Erlotinib eingesetzt werden soll, vor oder im Anschluß an die Chemotherapie (Erhaltungsphase)? „Wir Pathologen wissen, dass Patienten mit einer Mutation im Tumorgewebe deutlich stärker von den modernen Wachstumshemmern profitieren als von einer Chemotherapie“, so der Pathologe Dr. Markus Tiemann, Hamburg, anlässlich einer Pressekonferenz der Roche Pharma AG. Und der Lungenkrebsexperte Dr. Martin Reck aus Großhansdorf/Hamburg, „Chemotherapie ist ein wichtiger Teil der Behandlung beim fortgeschrittenen Lungenkrebs. Allerdings haben wir heute durch die modernen Medikamente mehr Möglichkeiten auf die wir aber individuell schauen müssen. Die Ergebnisse der klinischen Studien geben uns hier die Richtung vor. Sie zeigen, dass Erlotinib zum einen direkt nach der Diagnose in der Erstlinie wichtig ist, wenn die Krebszellen des Patienten eine Mutation aufweisen. Zum anderen kann das Medikament auch im Anschluss an eine Chemotherapie in der Erhaltungsphase und im späteren Krankheitsverlauf gegeben werden, wenn keine Mutation des Tumorgewebes vorliegt“.
Hier wird die genaue Analyse des Pathologen – auch im Zusammenhang mit zunehmender Nachfrage notwendiger Gentests – nach einer gezielten Testung des EGFR-Mutationsstatus immer wichtiger. Dr. Markus Tiemann: „Wir wissen, dass Lugenkrebspatienten heute auf ein schnelles und exaktes Testergebnis direkt nach der Diagnose angewiesen sind, da die Wahl der geeigneten Therapie davon abhängt. Durch den immer häufigeren Einsatz zielgerichteter Medikamente steigen derzeit auch die Zahl der durchgeführten Tests und der Ruf nach Qualitätssicherungsprozessen der beteiligten Institute. ...mehr

(mko) Die moderne Krebstherapie konzentriert sich heute auf gezielte und intelligente Krebsmedikamente. Im Vordergrund stehen dabei Verträglichkeit und Sicherheit dieser Mittel sowie die Verbesserung der Lebensqualität und Steigerung der Überlebenszeit. Man weiß heute z. B. dass Mutationen an bestimmten Genen und Störungen bei der Informationsübertragung von Zelle zu Zelle dafür sorgen, dass sich normale Zellen zu bösartigen Tumorzellen entwickeln. Tumorzellen wachsen außerdem mithilfe von Wachstumsfaktoren und deren Andockstellen, den so genannten Rezeptoren an der Tumorzelle. Auch an diese Mechanismen setzen die moderne Wirkstoffe an. Dabei wurde inzwischen unterschiedliche Möglichkeiten und Therapieansätze verfolgt:

• Wirkstoffe, die eine Neubildung der Blutgefäße (Angiogenese) hemmen, damit die Tumorzelle nicht mehr mit Nähr- und Sauerstoff versorgt wird, also „verhungert“.
• Wirkstoffe, die das Tumorwachstum hemmen, da sie die Andockstellen (Rezeptoren) der Wachstumsfaktoren blockieren.
• Wirkstoffe, die Signalübertragungen zwischen den Tumorzellen blockieren.

So konnte z.B. das Überleben von Patienten mit einem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs im fortgeschrittenen Stadium heute bereits verlängert werden. Entscheidend dazu beigetragen haben u.a. die so genannten VEGF-Hemmer wie z.B. Erlotinib (Tarceva®) und der Antikörper und Angiogenesehemmer Bevacizumab (Avastin®). Das zeigen neueste Daten, die aktuell in Berlin vorgestellt wurden. ...mehr