Schlagwort-Archive: Molekulare Diagnostik

  Grafik:Roche

Grafik:Roche

(mko) Krebs gehört noch immer zu der zweit häufigsten Todesursache in den Industrienationen. Jetzt scheint Übergewicht als Krebs-Risiko und Rückfallfaktor immer stärker ins Visier zu geraten und das Rauchen als Risikofaktor und Hauptursache abzulösen.
Neue Impulse für die Krebs-Therapie werden jedes Jahr in Chicago/USA auf dem ASCO – American Society of Clinical Oncology – Anfang Juni  von internationalen Onkologen diskutiert. Denn: Immer mehr Entdeckungen und Innovationen führen zu einem besseren Verständnis der Erkrankung. Im Fokus steht dabei das Verständnis der Tumorbiologie, mit dem Folgeziel einer zielgerichteten Therapie, mit zielgerichteten Medikamenten. (Dabei werden gezielt bestimmte Wachstumsregulatoren ausgeschaltet, die außer Kontrolle geraten sind. Von diesen sogenannten Proteinkinasen gibt es beim Menschen jedoch über 500 – einen passenden Hemmstoff (Inhibitor)  für jede einzelen zu finden ist also nicht so leicht). Professor Jürgen Wolf von der Uniklinik Köln bei einer „Roche-Pharma-Präsentation“ über ASCO-News: “ Spezielle Eigenschaften, Patient, Medikament und Therapie müssen zueinander passen, allerdings finden sich da heute noch viele Defizite im klinischen Alltag“. Viel diskutiert wurden auf dem diesjährigen US-Kongress auch Kombi-Therapien bzw. Kombinationsansätze (z.B. Signaltransduktionsinhibitoren und-Immun-Checkpoint- oder Angiogeneseinhibitoren). Auch die Behandlung mit Immunzellen bietet neue Chancen im Kampf gegen Krebs.
Immer wichtiger wird dabei die molekulare Diagnostik und die molekulare Analyse. Auch das Verständnis der Resistenzen führt zu hochspezifischen Nächstgenerations-Inhibitoren und zur Zunahme von Kombinationsansätzen in der modernen Krebstherapie.  Das Krebsrisiko durch Übergewicht im Zusammenhang mit einer hohen Rückfallhäufigkeit  – Risikofaktor hoher BMI –  wurde erstmals durch Meta-Analysen bestätigt, besonders für junge Brustkrebs-Patientinnen. Schon zwei bis drei Stunden körperliche Aktivität  pro Woche reduzieren das Risiko um 30 Prozent.
Insgesamt waren sich die Krebs- Experten einig, das Übergewicht das Rauchen als Haupt-Risikofaktor für die Krebserkrankung inzwischen abgelöst hat.
Insgesamt geht man allerdings davon aus, dass in den nächsten 20 bis 30 Jahren bis zu 30 Prozent an neuen Krebsfällen verhindert werden können. ( Siehe auch  mko: „Individualisierte Krebsmedizin für jeden Patienten“ und Service/Ratgeber: „Fortschritte in der Krebstherapie“.) ...mehr

(mko) Die Arzneimittelforschung setzt heute immer mehr auf neue Technologien, um Moleküle im Körper zu finden, die sich als Zielstrukturen (Targets) für Medikamente eignen könnten. Wichtig ist z.B. in der Krebstherapie, molekulare Strukturen der Signalwege im Tumor zu finden, die speziell für diesen Tumor typisch sind und im gesunden Gewebe nicht oder nur sehr gering auftreten. Das bedeutet, dass Mediziner sich mehr und mehr auf eine Personalisierte Medizin konzentrieren, die darauf setzt, Medikamente zielgerichtet bei dem Patienten einzusetzen. Dabei spielen Biomarker eine wichtige Rolle. Indikatoren, die gemessen und verwendet werden, um normale biologische und/oder krankheitsbedingte Prozesse oder Reaktionen auf Medikamente oder Therapien zu beurteilen. Mithilfe der molekularen Diagnostik und unter Einsatz dieser Biomarker können z. B. innerhalb einer großen Patientenpopulation bestimmte Gruppen identifiziert werden, die verschiedene Behandlungsansätze benötigen. Die Personalisierte Medizin setzt auf Patientengruppen mit unterschiedlichen ( z.B. genetischen ) Merkmalen und behandelt spezifisch – sei es durch andere Medikamente oder durch eine höhere bzw. niedrige Dosierung des gleichen Arzneimittels. Auch im Kampf gegen fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Lungenkrebs (NSCLC) werden neue Substanzen eingesetzt. Zum Beispiel der zielgerichtet wirkende Wachstumshemmer Erlotinib (Tarceva®), eine Tablette, die gleich im Anschluss an die Erstdiagnose eingesetzt werden kann. (Die Zulassung zur Erstlinentherapie inkl. Erweiterung für Patienten mit aktivierenden Mutationen im Wachstumsfaktor-Rezeptor/EGFR erfolgte im September 2011). Voraussetzung ist, der Tumor weist eine bestimmte Veränderung (Mutation ) auf. (EGFR ist der Rezeptor des wichtigsten Wachstumsfaktors von Lungenkrebszellen). Klinische Studien haben nachgewiesen, dass die Behandlung mit Erlotinib das Fortschreiten der Krankheit aufhält und die Überlebenszeit des Patienten verlängert. Erkrankte, deren Tumor keine Mutation aufweist (Erlotinib wirkt unabhängig vom Mutatinsstatus) und die bereits eine Chemotherapie erhalten haben, werden weiter wie bisher mit Erlotinib behandelt. (Siehe auch mko-Gesundheit von A-Z: Lungenkrebs – Fortschritt durch zielgerichtete Therapien/2008).

In der Fachwelt wird nun darüber diskutiert, zu welchem Zeitpunkt Erlotinib eingesetzt werden soll, vor oder im Anschluß an die Chemotherapie (Erhaltungsphase)? „Wir Pathologen wissen, dass Patienten mit einer Mutation im Tumorgewebe deutlich stärker von den modernen Wachstumshemmern profitieren als von einer Chemotherapie“, so der Pathologe Dr. Markus Tiemann, Hamburg, anlässlich einer Pressekonferenz der Roche Pharma AG. Und der Lungenkrebsexperte Dr. Martin Reck aus Großhansdorf/Hamburg, „Chemotherapie ist ein wichtiger Teil der Behandlung beim fortgeschrittenen Lungenkrebs. Allerdings haben wir heute durch die modernen Medikamente mehr Möglichkeiten auf die wir aber individuell schauen müssen. Die Ergebnisse der klinischen Studien geben uns hier die Richtung vor. Sie zeigen, dass Erlotinib zum einen direkt nach der Diagnose in der Erstlinie wichtig ist, wenn die Krebszellen des Patienten eine Mutation aufweisen. Zum anderen kann das Medikament auch im Anschluss an eine Chemotherapie in der Erhaltungsphase und im späteren Krankheitsverlauf gegeben werden, wenn keine Mutation des Tumorgewebes vorliegt“.
Hier wird die genaue Analyse des Pathologen – auch im Zusammenhang mit zunehmender Nachfrage notwendiger Gentests – nach einer gezielten Testung des EGFR-Mutationsstatus immer wichtiger. Dr. Markus Tiemann: „Wir wissen, dass Lugenkrebspatienten heute auf ein schnelles und exaktes Testergebnis direkt nach der Diagnose angewiesen sind, da die Wahl der geeigneten Therapie davon abhängt. Durch den immer häufigeren Einsatz zielgerichteter Medikamente steigen derzeit auch die Zahl der durchgeführten Tests und der Ruf nach Qualitätssicherungsprozessen der beteiligten Institute. ...mehr